Der heutige Tag steht uns zur freien Verfügung. Ab 7 Uhr gibt es Frühstück und um 10 Uhr treffen sich alle zu einer zweiten Wanderung zum Klambrafoss. Wir hatten gestern Abend schon beschlossen, nicht mit der Gruppe zu gehen, sondern auf eigene Faust zum weiter entfernt gelegenen Gufufoss zu wandern. Die Gruppe ist einfach zu groß und zieht sich dadurch sehr weit auseinander. Also suchen wir uns auf komoot eine schöne Wanderung heraus.
Als wir die Treppen im Terminalgebäude herunterlaufen, fallen uns die schönen Zeichnungen auf:
Austurland
“Austurland”, zu Deutsch schlicht Ostland, nennen die Einheimischen liebevoll diese kaum besiedelte Region im Osten Islands. Tiefe Fjorde und rauschende Wasserfälle, scharfkantige Bergketten und die dramatischen Küsten zum Atlantischen Ozean prägen diese abgeschiedene Region.
Im 22.721 km² großen und geografisch vielfältigen Austurland leben etwa 10.900 Menschen. Die Gemeinden sind weit verstreut, und die Städte sind unterschiedlich, auch wenn sich die meisten von ihnen um die Fischerei herum entwickelt haben. Heute spielen auch Tourismus und Industrie im Austurland eine wichtige Rolle, und jede Gemeinde hat ihre eigenen Merkmale.
Tief in den Bergen, auf denen selbst im isländischen Hochsommer Schnee zu finden ist, am Ende eines langgezogenen Fjords liegt der idyllische Ort Seyðisfjörður. Malerisch begrüßen bunte Häuser jene Islandreisende, welche die Insel mit dem eigenen PKW erkunden wollen. Die einzige Autofähre vom Festland geht genau in diesem Ort vor Anker. Doch der Seyðisfjörður ist viel zu schön, um schnell von der Fähre zu fahren und über die Passstraße in das 27 km entfernte Egilsstaðir zu gelangen. Die historischen Häuser sind wunderschön restauriert und beherbergen kleine Cafés, Souvenirläden oder Unterkunftsmöglich-keiten. Viele ortsansässige Künstler bieten nicht nur ihre Werke an, sondern prägen mit ihren kreativen Ideen aktiv das Ortsbild. Es macht einfach gute Laune durch die keinen Straßen dieser Künstlerstadt zu schlendern, um an jeder Ecke etwas Neues zu entdecken …
Wir laufen zunächst auf der Straße zum Ort hinaus und halten uns dann linker Hand auf einem Wanderweg. Hier gibt es sogar ein kleines Wäldchen, der Weg ist perfekt befestigt und auch markiert (wir folgen trotzdem der Stimme der komoot-Lady). Wir blicken auf den Ort zurück und sehen die beleuchtete Norröna im Hafen liegen.
Links von steigt das Gelände zum 1022 m hohen Hádegistindur an. Auf der gegenüberliegenden Seite, über die Passstrasse hinweg liegt der 1085m hohe Bjólfur.
Zunächst laufen wir oberhalb im Gelände parallel zum Fluss Fjardará, überqueren ihn dann aber. Hier im Tal liegt eine Elektrizitätstation.
Ein Wendepunkt in der Geschichte der isländischen Elektrifizierung
Fjardarselsvirkjun in Seydisfjordur ist das Älteste in Betrieb befindliche Kraftwerk Islands, das am 18. Oktober 1913 in Betrieb genommen wurde. Das Kraftwerk markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der isländischen Elektrifizierung.
Es war das erste Kraftwerk in Island, das Wechselstrom erzeugte. Von diesem Kraftwerk aus wurde das erste Hochspannungskabel in Island verlegt. Anlässlich des 90-jährigen Bestehens des Kraftwerks beschloss die staatliche isländische Elektrizitätsgesellschaft (Rarik), das Kraftwerk für isländische und ausländische Besucher zu öffnen. Zu diesem Zweck wurde im Stationsgebäude eine historische Ausstellung eingerichtet. Die erste Wasserturbine ist noch immer mit der dazugehörigen Ausrüstung zu sehen.
Nun laufen wir weiter auf der Straße 93, die in Egilsstadir auf die Ringstraße trifft. 2 km weiter treffen wir auf einen kleinen Parkplatz an der Strasse, hier führt ein kleiner Pfad hinunter zum Wasserfall.
Gufufoss gehört zu den größten und beeindruckendsten Wasserfällen im Ostland, zumindest im Seyðisfjörður Fjord . Es ist jedoch schwierig, zu nahe heranzukommen, da der mächtige Wasserfall einen dichten Nebel erzeugt, der einen davon abhält, sich zu nähern, es sei denn, man ist bereit, sich durchnässen zu lassen. Dieser starke Nebel hat dem Wasserfall seinen Namen gegeben, denn “gufa” heißt übersetzt “Dampf” oder manchmal auch “Dunst”. Das heißt, der Name bedeutet übersetzt “Dampffälle”.
Katrin und Armin bleiben zurück, ich klettere über die Steine direkt bis zum Fuß des Wasserfalles. Wenn der Wind kurzerhand dreht, stehe ich direkt im Sprühnebel und muss immer wieder das Objektiv der Kamera wieder trockenwischen.
Später lese ich, dass es sich um einen nach Osten ausgerichteten Wasserfall handelt, also dass der Morgen die beste Zeit war, um den Wasserfall zu sehen (möglicherweise mit einem Regenbogen), da wir bei sonnigem Wetter gegen die Nachmittagssonne schauen würden. Leider sehen wir die Sonne im November nicht 😉
Auf der Straße zurück gehen wir noch weiter hinauf und kommen somit auf das Hochplateau, von dem der Fluss Fjadara etwa 30 m hinunterstürzt.
Von hier hat man einen schönen Blick in den Fjord. Es nieselt noch immer, aber ab und zu scheint der Himmel etwas aufzureißen, etwas Blau wird sichtbar und ganz zarte Sonnenstrahlen hüllen die Bergspitzen in goldenes Licht.
Auf gleichem Weg laufen wir wieder zurück, machen aber noch einen ausgedehnten Abstecher zum Klambrafoss. Es gibt hier noch so viele kleinere, aber kraftvolle Wasserfälle …
Kurz bevor wir Seyðisfjörður erreichen beginnt es dann zu regnen.
So langsam wird uns auch kühl und wir beschließen uns in der Tankstelle (also da, wo wir gestern auch Abend gegessen haben) aufzuwärmen. Hier essen wir eine richtig gute Salami-Pilze-Blauschimmelkäse-Pizza für 3000 ISK (also knapp 20 €). Das war so lecker … eine kleine Dose Cola kostet 600 ISK, aber Wasser ist kostenlos.
Selbstverständlich gibt es freies WLAN…
Nachdem wir satt und aufgewärmt sind, beschließen wir noch zum Souvenirladen zu gehen. Schließlich hat der nur für uns aufgemacht – alle anderen Geschäfte sind bis März geschlossen.
Blodberg
Dies ist ein Geschenkeladen mit wirklich lokalem Flair. Er befindet sich im Wohnzimmer eines neu renovierten Hauses. Es ist das älteste Haus der Stadt.
Hier finden wir Produkte von lokalen Künstlern und anderen isländischen Designern. Die bezaubernde Verkäuferin erzählt mir, dass die Sonne jetzt erst Ende Februar wieder über die Bergspitzen klettern wird. Sie erzählt von den 13 isländischen Weihnachtstrollen (Yule Lads) und Katrin kauft sich einen Island-Pullover (und ich ein isländisches Weihnachtsschaf) …. und es gibt so ein Raunen beim Abendessen auf der Fähre – weil mindestens 5 weitere Frauen einen Island-Pullover (wenn auch in anderen Farben) tragen. Es scheint, dieser Tag hat sich für sie wirklich gelohnt, denn alle aus der Ankerherz-Gruppe haben hier etwas gekauft.
Noch eine kleine Geschichte zur Regenbogenstraße und zur Blauen Kirche
Die Bláa Kirkjan (Blaue Kirche) in Seyðisfjörður, Bjólfsgata 10, ist das berühmte Wahrzeichen von Ostisland und zählt gleichzeitig zu den bekanntesten kleinen Sehenswürdigkeiten Islands. Sie gilt als die schönste Kirche des Landes und könnte als regelrechtes “Kirchen-Fotomodell” betrachtet werden. Besonders interessant ist auch die Spitze des Kirchturms!
Obwohl die Bláa Kirkjan recht klein ist, sticht sie sofort ins Auge. Sie ist ein wahres Juwel und besticht durch ihren einzigartigen, typisch nordischen Baustil, der an die Stabkirchen Norwegens erinnert. Ursprünglich befand sich die Kirche auf dem Bauernhof Dvergasteinn, wurde jedoch im Jahr 1882 nach Vestdalseyri verlegt. Ursprünglich thronte die Kirche auf einem Hügel mit Blick auf Vestdalseyri. Im Jahr 1894 wurde sie jedoch von einem gewaltigen Sturm umgeworfen und beschädigt. Daraufhin erfolgte der Wiederaufbau an einem neuen Standort auf der Halbinsel. Dort verblieb sie bis 1920, als die Entscheidung getroffen wurde, sie an ihren heutigen Standort im Herzen von Seyðisfjörður zu versetzen.
Ein weiteres Unglück ereignete sich im Jahr 1989 während Renovierungsarbeiten, als die Kirche durch einen Brand beschädigt wurde. Dabei wurde auch eine erst 1987 installierte Pfeifenorgel Opfer der Flammen. Die hübsche Kirche beherbergt nun eine Pfeifenorgel des gleichen Typs wie die, die dem Brand zum Opfer fiel.
Im Jahr 2016 versammelten sich die Einwohner von Seyðisfjörður, um die Norðurgata-Straße anlässlich des lokalen Pride Walk zu bemalen. Die Straße war ein so großer Erfolg, dass sie jetzt zu einer festen Einrichtung geworden ist. Jeden Sommer wird der Regenbogen neu gestrichen. Die Regenbogenstraße ist heute eine der meistfotografierten Straßen in Island – und die bezaubernde blaue Kirche und die beeindruckende schneebedeckte Bergkulisse tragen sicherlich zu ihrer Attraktivität bei!
Die Fähre legt nach dem Abendessen um 19 Uhr ab. Wir versammeln uns alle wieder auf dem Deck, die Lichter von Seyðisfjörður verblassen in der Ferne – und dann sehen wir sie – NORDLICHTER.
Es ist zwar bewölkt und auch nur schwer mit dem bloßen Auge zu erkennen – aber es ist ein einzigartiges Erlebnis. Nicht auszudenken, wenn der Himmel klar gewesen wäre – wir können den nächsten Haken auf unserer Bucket-List setzen. Was für ein Glück wir doch haben. Für uns ist das etwas ganz Besonderes, wertvolles – man kann diese Gefühle kaum beschreiben, aber es macht definitiv süchtig nach mehr, nach Meer …
Die Polarlichter bestimmen natürlich den Abend in der Laterna Magica. Wir sind wieder auf hoher See und trinken Bier, ja, genau das, das mit dem glotzendem Schaf …
Links
https://www.world-of-waterfalls.com/waterfalls/iceland-gufufoss/
https://www.facebook.com/blodberg710/
https://foodwatershoes.com/2017/08/07/shop-her-living-room-blodberg-icelandic-designs-seydisfjordur-iceland/
https://vatnsidnadur.net/2022/02/02/fjardarselsvirkjun-i-seydisfirdi-elsta-starfandi-virkjunin-a-islandi/